Mehrwissen Flieder (notula nova 45)

Seit heute darf ich das Schreiben von X.Y. nicht mehr als bildungsbürgerlich bezeichnen. Warum? Weil es sich aus meinem Mund so verächtlich anhört. Dabei: wäre es doch auch mein innigster Wunsch selbst so wahrgenommen zu werden. Nicht wahr? Ach was!, ich erspare Ihnen den Fortgang meiner weiteren Argumentation und die Abstellung dessen ins Reich des Reaktionären. Sprechen Sie doch mit meinen Söhnchen über Literatur und ihre Protagonistensysteme.

wissen des flieders

april is the marchest month

und auch die bäume

Überhaupt: das Lorem Ipsum TV. (Das Schriftstellersein und das Angehender-Schriftstellersein. Jenes spielt sich im Jetzt ab. Und dieses in der Zukunft.)

T.B. denkt Hermes Phetberg und Bert Brecht zusammen. Als abschliessendes Bild. Als Menschsein – Tragik – Zeitlosigkeit. Bereicherung. Wir reichen uns die Hände. (Noch auszutragen: Die Wahl von Mister und Miss, nein, von Homo Neutrum.)

Am Salix repens Iona: 4 Eier (bemalt), 5 Sternchen (uni), 1 Entchen (gelb). 10 Freunde sollt ihr sein. (Lovink belieben zu scherzen: Der Fou-Code)

Überhaupt: Neue Zeiten – neue Wörter.

Überhaupt: die Ventilklausel. Denn: Wir riefen nach Arbeitskräften. Und es kamen Deutsche.

Und nicht: das zusammenrückende, das gebrochene Schmunzeln. (Vielleicht muss ich tatsächlich mein Leben ändern. Über eine grössere Lachskala verfügen. Lachbausteine entwickeln. Hierarchisieren und definieren. Einfach nur: Kommunikationsverläufe bereichern. Nonverbale, wörtlicherweise. Und: dazugehörende, weitere Gesten erfinden.

Ein anderes, ein einfaches Rezeptionsmodell:

Was wie Theorie aussieht, ist Theorie.

Was wie Praxis aussieht, ist Praxis.

(Und der Kalauer: Computer sind auch bloss Menschen …)

Das Nichtgedicht (notula nova 44)

Proust Mahlzeit, schreibt da einer. (Naheliegend, aber nicht wirklich komisch. Doch, für einen Sekundenbruchteil vielleicht. Halbwertszeit des Witzes. Natürlich ein Leseproblem. Der Witz an sich ist unschuldig.)

Und: das allmähliche Ironischwerden aller Menschen, heisst, das Auseinanderklaffen von Wollen und Sein, Intention und Handlung etc. So auf dem Fahrrad. So über das zunehmende, das alternde Altern. (Diese plötzlich gierige Lust auf Speiseeis, Milcheis, Vanille Bourbon. Hastiges Auspacken des Einkaufs. Beim Ausstechen von Brocken aus der Packung: den Löffel verbogen.)

Morgens der Krach, die neue Übersichtlichkeit: Ich <-> der Rest. Speziell: Die Selbstvorstellung des Vizedirektors als Powerpointshow gelebter Orte.

Und: das Manuskriptangebot “Wir qualifizieren uns zu Tode”. (Keine Zeit, leider, es zu schreiben. Schade.)

Und: die Kollision privater Beobachtungsobsession mit der Sprache der Distanz. (Das ging aber auch schon mal besser. “Realitäts-Tümler, Sein-Nichtse”, Handke, VT 2/09).

Und: Ob ich lese? Sicher, lese ich! Nein, ob ich denn eine Lesung abhielte? Nein, ich lese nicht! Ich demonstriere. (Die Erscheinung als Belästigung der Idee. Oder: Das Konkrete belästigt das Abstrakte).

Kein Gedicht (ich habe Ihnen doch schon erzählt, dass ich keine Gedichte mehr schreibe, solange nicht mehr, bis es wieder Formen gibt), sondern: Du meinst wohl, du kannst dichten / denn so ein Reim, der wird es richten / doch das wird sicher nicht so sein. (Wir sind hungrig. Am Bahnsteig gibt es Currywurst mit einem Hartz-4-Sösschen. Man muss es vielleicht auch mal so sehen: die Raucherbereiche in Bahnhöfen als unsere Schutzzonen.)

Ferme Lachat sur Moron (notula nova supplement Vb)

f.

Hirschkäferschwärme

Elefanten, beinlose

Makel der Wölkung

Was mach ich Montagmittag? Ein Mailchen an EWD? Ein Abschriftchen dieser Notiz. Ein Lektürchen? Ein Textchen? Ein Textchen oder einen Text? Ein Bröckchen für Innsbruck? Pünktchen suchen. Themchen. Theoretische Fädchen.

Etwas Heiteres?

Eine Provokation?

Notiz zu TagumTag Kairo Die prosaische Lyrik und die lyrische Prosa kicken sich wechselseitig. In- und gegeneinander. Machen Dialog. Dazu die Bilder. Die haben ja Scharnierfunktion. Oder sind Relais? Die Fiktion des einen (1) Mediums. Tatsächlich aber ist es ein Trimediales Werk. (Und: Über Jahre, ja Jahrzehnte, hat sie sich eine eigene Sprache angebaut.)

Der Tatort wird geschasst. Wir üben streiten. Über: Individualzeitreglemente (Wdh.), Bevormundungspraktiken, Methoden zur Beförderung von Fremdbestimmung. Man schläft allein auf einem kalten, harten Bett. Wacht. Schläft. Wacht. Am andern Morgen gibt es Nachspeise zum Frühstück. Wir bauen ein Haus aus Lego.

So etwa:

Liebe Elisabeth, ich schreibe dir heute kurz und bündig, wer weiss, wie lange die Leitung steht? Und grüße dich herzlich von St. Brais / JU. Gerade lese ich in TagumTag Kairo. Und freue mich, dass der Text in der edition erscheinen wird. Ja, denke ich, das ist genau das richtige Medium. Und die Texte: das In- und Gegeneinander von lyrischer Prosa und prosaischer Lyrik, ergänzt durch die Bilder (die ich allerdings noch nicht vollständig gesichtet habe), die quasi als Scharnier und Relais funktionieren … das passt sicher alles bestens. Ein paar Notizen habe ich mir dazu gemacht. Und vielleicht ein paar wenige Korrekturen? Ich schicke dir alles, wenn wir wieder zurück sind.

Bis dahin

Herzlich

hab

Der Beter (notula nova 43)

Oder: das angelutschte Bonbon, wem mag es gehören?, am Waschbeckenrand, als dürfte es nicht weggeworfen werden. Als Versprechen für den nächsten Tag. Dem frühen Sonntagmittag

Toter Bambusstrauch

Bist rausgenommen worden

Bist ein ersetzter

(Mit dem blasphemischen Gedanken, irgendwo aus dem Off: Nicht zu glauben bedeutet praktisch (aber auch: je nach dem) eine grosse Zeitersparnis. Gewisse Skrupel bei dieser Niederschrift. Weitere Arbeit am Gedanken, sodass der Gedanke bald eigentlich kaum mehr erkennbar.)

Überhaupt: ist heute unser Glückstag. Wir bekamen die Bambushexe vor die Kamera und fertigten einen Kurzfilm an, der einmal ihre Existenz und ihr Treiben belegen wird. Sicherlich wird es nicht vor Gericht verwendbar sein, für uns ist es aber ein Dokument realer Fiktion. Ein Ausschnitt unverbrüchlicher, fiktiver Realität.)

Nicht aber: die Arbeit an einer Poetik einer nuancenhaften Differenz, sondern: das Unterlaufen von Paradigmen, schlechthin. (Hier!)

(Ein Wort noch zur Kunst von Herrn. Q., das aber gleichermassen auch die Herren und Damen R., S. und T. beträfe. Die Qualität des Schreibens sei dabei gar nicht in Abrede gestellt. Vielmehr aber die Beobachtung, dass sogenanntes “Schreiben über” sich dort als Theorie aufspielt, die gar keine ist. Vielmehr handelt es sich um Behauptungsprosa ohne Wenn und Aber. Ein “Schreiben über”, das den Konjunktiv nicht kennt, ist weder Kunst noch Theorie, allenfalls eine Behauptungskunst. Behauptungskunst aber kennt und will keine Erkenntnis. Und was ist das also für eine Kunst, die sich nicht um Erkenntnis schert? Es ist eine Unterhaltungskunst, wie Behauptungskunst immer eine Unterhaltungskunst sein muss. Diese aber möchte man, wenn überhaupt, viel lieber nur im Schreiben sehen.)