Debütantenball (notula nova 37)

Und: liegt die Kraft im Detail? (Das einmal Fischli/Weiss fragen.)

Und: nach Sursee – noch Maibaum 08? oder schon Maibaum 09? (Saisonale Symbole verharren lassen. Die Ordnung der Zeit dekonstruieren. Andere Freiheiten. Andere Zwänge.)

Landpomeranzen

Hairspray an Fingernägeln

Und pretty in pink

(das: en francais)

Und 1.: Die Welt ist alles, was online ist. (Ist eine (Verlags-)Veröffentlichung, die 10-20 mal verkauft wurde, eine Veröffentlichung? Ist sie ein Debut zu nennen? Und Texte, die 2000 bis 10000 Male angeklickt wurden und sicher 100 mal gelesen wurden: sind es in diesem Sinne Veröffentlichungen? Oder auch Debuts? … Debuts macht oder hat man nicht. Merke: Man wird debutiert. Das Dispositiv debutiert.)

Und: Das Debut im Vorhof der Startschussmetapher. Die Intention künftiger Messbarkeit. Die qualitative, vor allem aber: quantitative Anmutung von Literarizität. (Wiedergefunden: “Ein Mann, der die Wahrheit will, wird Gelehrter; ein Mann, der seine Subjektivität spielen lassen will, wird vielleicht Schriftsteller; was aber soll ein Mann tun, der etwas will, das dazwischen liegt?” Robert Musil, Gesammelte Werke, ed. Aldolf Frisé (Reinbek: Rowohlt, 1978), 1:254 … An dieser Stelle die Ichschrift ansiedeln …)

Und: heute dem Ältesten die Stiefel falsch angezogen. Den rechten an den linken Fuss. Den linken an den rechten Fuss. Das wurde von mir erst beim Ausziehen bemerkt. (Die meisten Dinge passieren. Und passieren gleichzeitig nicht.)

Die Bambushexe läutet eine neue Saison ein. Erste Giessübungen an den Herzsträuchern. Man spürt förmlich ihre Gedanken. Wittert den Salat. Das Abwägen einer Entfernung der Isolatoren, oder nicht.

Überhaupt: Kerben Kleinstein raucht nicht mehr nicht. Überhaupt das Rauchen, die Revision, der double-bind. Dahinter: die Gewalt der Sprache und ihrer Ordnung, die zur Aussprache zwingt. (Hier das Faschistische der Sprache an sich entdecken. Ja. Schon wieder Barthes.)

Dijon Mode (notula nova supplement IV)

Merke den Code fürs Hotel de Sauvage: 645P.  Und: erste Programmpunkte. Der Rundgang der Eule. Eine Navettefahrt (gratuit). Gargoyles am Notre-Dame. (Gibts keine Konzerte heute?) The Squeezers vielleicht, und ihre Demotapeparty in Le Sé Bar? Im Viertel: Gegenüber vom Sauvage. Und: diese plötzliche Lust auf Muscheln. Dabei das alte Muschelverzehrgesetz erinnern: nur in Monaten mit R. Die Dusche duscht nicht. Eine kleine Verpilzung (man kennt das ja, man lese Dranmor). Eine Art Mottozimmer, 15ieme Siecle, aber: die Möbel 19.Jh.-Imitate. Barocktapeten in Wasserfarben. Knarrfenster, Schräge. Es riecht nach Holzfeuer. Ein Wlan-Anschluss zeigt sich offen. Ist es aber nicht. Plattgesüsster Espresso. Hüftgold aus der Patisserie. Dazu etwas Unpräzises mit Schafskäsefüllung. Segafredo was his name. Im Quartier libre: l’Amore che move il sole e l’altre stelle. (l’amour qui ment le soleil et les autres étoiles … man kann nur vermuten, was es bedeutet. Überhaupt: kommen wir uns doch etwas näher, seien wir unkompliziert. Lassen wirs doch für einmal mit den Diacritica. Ein Stück Laub läuft zur Sternform auf. Et aussi: 2 x Espresso für 2EUR40. (Der directeur d’Hotel in Lederhosen. Etwas glatt, vielleicht. Etwas frivol. Verabschiedet sich handkehrum und verspricht weitere Tücher.

(Die Seife wird nicht reichen. Der Shampoospender bittet selbst um eine Spende. Sonst gehts uns aber gut. Und: 2 Kinderkarten gekauft. Ballons, Blumen, Erdbeeren. Alles ins Anthropomorphe gearbeitet. Zahlen bitte (l’addition svp.). Und: Cut and go am Place Emile Zola. Und: pizz’ola, Les Moules Zola. Le Se Bar. Auch, wenn wir uns nicht verstehen, sie versteht ihr Handwerk. 1 mal Rasieren mit Waschen und Trinkgeld 15EUR. Merci. Bon Soiree. Und, in der Bar: der Campariorange als Pfirsichsaft. Für die Begleitung. 1 dunkles Grimbergen für mich. Le mag de la nuit: Partybilder. Hochglanzobjekte beim Verzehr. Die Information ist das Format der Anspielung von Information. Hier sind wir irgendwie richtig. Und: Le garcon hat hinten eine Gürtelschlaufe ausgelassen. Gegenüber: 2 Damen in Aspik. Toilettes, attention a la marche.)

Überhaupt: Dijon ist nicht Lou Reed

(Das überheizte Zimmer

Der verstopfte Abfluss

Die Regulierungsbehörde)

Oder: der Kinofilm (Hollywood?) mit den sehr bekannten Darstellern (Brad Pitt? Und co.?). Wie mag man denn heissen? Der Bildschirmtext funktioniert uns nicht.

Überhaupt: Der Bildschirmtext

Das petit dejeuner im Hotel Sauvage hat Punkrockgäste. Und die Totalverklemmten. Wir werten

+ Croissant

+ Baguette

– Kaffee

o O-Saft

o Butter

o Marmelade

So kommen wir recht ausgeglichen auf die Strasse, finden dort

Menschenblickdickicht

Regulierungsbehörden

Hintergehungen

Dabei regnet es nicht. Nein. Es REGNET. (Kein Regenschirm für Dijon, kalauert man, also): die 3 M. Markthallen, Museen, Mittelprächtigkeiten. (Es geht aber weiter im Text, und zwar: mit einem äusserst ansehnlichen Käsefräulein. (Pardon: das Textich in der Herrenrunde, kann man auf denn Lippen lesen. Aua, also). Der Powernap. Der Traumtext. Der Hunger. Das Sandwich. Das Kinowetter. Wir sprechen über die Möglichkeit eines Nachmittagsfilms.

Und leiten ab und hin und her: Die Eule > Dijon > Diviant > Mutmassungen über eine Konsonsantenverschiebung. Labiodentalität. Frikativität. Solche Dinge. Man formt und lutscht an den Lippen. Wie hiess es gleich? Alveolarridgität? Dazu: 2 Expressities, hier auch Cafe genannt. Seulment, Le Bien public besteht eigentlich praktisch nur noch aus Bildern. Die Zs. Als DAS Beispiel für den vielzitierten pictural turn. (My own pictural turn: die Hinwendung zur unverstandenen Metapher. Die Auslagerung von Sprachverantwortung in eigene Sprache. Ich ernte Unverständnis. Immer wieder.  Die Schober sind voll. Es kommen auch wieder magere Jahre.

Le Saint Fiacre: 60% Grundstudiumsstudenten. (Junggesellen, Baccalaureanten), die auf die volle Unterstützung ihrer Eltern zählen dürfen. Etwas viel Rot, im Ganzen. Etwas artsyfartsy das alles, auch: Das Pärchen mit dem Elternteil, das Mädchen: gelangweilt in ihrem Kaninchenpelz, und beim Verlassen: Verwirrung satt. (Man wird aufs Herzlichste gegrüsst und weiss nicht warum). Ein Plastiksack bleibt liegen … Au revoir.

Anhang:

Und: die Frage, wo ein Autorenporträt anfängt und Buchkritik endet, hängt unmittelbar mit der Frage nach unserem Autorschaftsbegriff zusammen. Wo nämlich Buchkritik den Autor als Text mit hinzudenkt, was üblicherweise erheblich passiert, ist der Text ein doppelter Körper oder auch als Leib-Seele-Phänomen zu betrachten. An dieser Stelle kommt Gott mit ins Spiel, je nach Auffassung. Umgekehrt ist das auch der Fall. Darüber zu verhandeln, wo nun die Grenzen dieses Textes (dieser Texte) sind, ist also keineswegs eine Aufgabe weltlicher Gerichtsbarkeit. Konfessionelle Instanzen müssen sich ebenso dazu äussern.

Lust &co. (notula nova 35)

Und: die Gratiszeitungen als Systeme formierter Intimität und Distanzlosigkeit. Diese Zeitungen als Organe permanenter Duzung.

“Ein gewisser Ahmed, im Bahnhofsviertel, trägt einen himmelblauen Pulli mit einem schönen, orangefarbenen Schmutzfleck vorne drauf.” (Barthes, Begebenheiten, 20)

Und: “Die in Alaska lebende männliche Pelzrobbe ist das bekannteste Beispiel für das Fasten bei Säugetieren während der Paarungszeit. Der ganze Sommer ist für sie nur ein einziger Rausch von Kampf und Liebe. (…)” (Shelton, Le Jeune, in: Barthes, Neutrum, 227)

Ein seltsamer Traum: Q. schreibt in einem neu eingerichteten Faszikel der NZZ mit dem Rubriktitel “Schmerz”. Er schreibt in unverständlicher Weise über mich, mein Name taucht darin einige Male auf, allerdings in so grosser Fehlerhaftigkeit oder absichtlicher Unlesbarkeit, dass ich den Text nicht zuende lesen kann.

Überhaupt: Aufgekratzte Kinder auf Windpocken. (Schauschau, da läuft die Bambushex. War beim Frisör und zeigt ihre Shoppinglust in glänzenden Henkeltaschen).

Und: die Zeit des Erinnerbaren, die als moving wall im Abstand von 20 Jahren der Gegenwart folgt. (Ist das Glas schon halb voll oder noch halb leer? Aber: “Es ist, als dehnte sich mit nahendem Alter das Reich der Erinnerung an alte, nicht rezente Dinge aus (bekanntes Gesetz der Vergesslichkeit) -> vgl. Aufnahme des gesamten Lebens ins Panorama des Sterbenden -> Memento mori = ich erinnere mich -> erinnere dich, dass du sterben musst = erinnere dich, dass du gelebt hast (…)” Barthes, Neutrum, 278) … (? Metapher der Grösse vs. Metapher der Teilmenge)

Mission accomplished? (notula nova supplement III)

cit.

(parallalie am 26.01.09): “Nach wie vor aber das Interesse für Sprache auf der Suche nach ihrer Form.” Das setzte voraus, daß die Sprache etwas Eigenständiges ist. Die eine Form sucht, die sie nicht hat. Aber die Fragestellung interessiert mich im Zusammenhang mit den “Aporien”. Ich verstehe darunter die Suche nach der Fähigkeit, die Ratlosigkeit so zu formulieren, daß sie sich selbst den Rat gibt, den sie vergeblich sucht. D.h. die Ratlosigkeit ist auf der Suche nach ihrer Rathaftigkeit. Was von der Formulierung der Ratlosigkeit abhängt und den Rücken, die dem Auffinden der Rathaftigkeit in den Weg gestellt werden Mal so exzentrisch formuliert.

(notula nova am 26.01.09): “ich versuche mich mal an ihrem ersten punkt. wenn “sprache” vielleicht das ensemble von regelsystem, wortvorrat usw. und deren tatsächlichen anwendungen ist (ähnlich langue/parole), so meinte ich mit “form” also letzteres. ein sprachinternum. für mich hat das bedeutet, dass ich – in kenntnis einiger sprachformen (ausdrucksmöglichkeiten, oder auch hier: schreibweisen), und in unkenntnis vieler anderer – mitunter versuche (notula nova ist so ein projekt, und darum ist das alles auch sehr selbstbezüglich … und in gewisser weise paradox), analog zur sprache, die versucht einen teil ihrer selbst zu erkunden, mechanismen einzubauen, die beziehungen zwischen (hier nun, das wäre in diesem falle so die grössenordnung:) textteilen willkürlich und unwillkürlich zu ermöglichen. kurz: notate, die miteinander zu tun haben, und solche, die nichts miteinander zu tun haben, werden konfrontiert und werfen auf einmal bedeutungen ab, die auch für mich manchmal frappierend sind.

ein schönes beispiel, das sie geben, ist es, indem sie obiges zitat mit dem bartheszitat in berührung bringen. und dies zusammendenken, wie z.b. mit ihrer analyse der Suche nach der Fähigkeit, die Ratlosigkeit so zu formulieren, daß sie sich selbst den Rat gibt, den sie vergeblich sucht. also mit und in dieser form auszusagen, dass eine gewisse (neue?, andere?, abweichende?) form der fragestellung entstehen kann, wenn nur die antworten oder auch aussagen (neu?, anders?, abweichend?) arrangiert oder gelesen werden, fand ich nun reizvoll. und vielleicht ist das nun auch ein guter effekt bei diesem ansatz: dass das eine oder andere in paradoxien oder auch aporien münden kann, ist dabei nicht auszuschliessen. ist eigentlich vorprogrammiert. wenn dann daraus vielleicht trotzdem ein text entsteht, der einigermassen (vielleicht interessant und) interpretationsoffen sein kann und zugleich seine gemachtheit (und seine form) mit ausstellt, sodass eine antwort also immer auch sein muss (ich formuliere mal salopp) achtung, fingierter text – rat gibt es woanders, aber wenn genug hierin rumgewühlt wird, hat das möglicherweise konsequenzen für die weitere suche und ihre ergebnisse, dann ist damit vielleicht schon eine zentrale aufgabe erfüllt.”